Norbert Pauli antique spindle restoration or replica 3

Wir haben wieder eine sehr alte hölzerne Gewindespindel auf der Werkbank, und es zeigt sich ein schon fast vertrautes Bild. Der Spindelkopf ist vollständig zerfressen. Nur noch ein Gespinst von Fasern unter der alten Fassade.

Ich bekomme die Hälfte des Spindelkopfes und die Gewindestange, die wieder sehr viel weniger von Schädlingen befallen war als der Kopf. Ein Grund hält mich jedoch von dem Plan ab, auch hier einen neuen Kopf in das alte Gewinde zu verzapfen.

Dies ist sonst meine bevorzugte Vorgehensweise, da ich so die Innen-/ Außengewindepaarung nicht störe. Ein durchaus empfindsames Verhältnis verbindet die beiden und ein eingespieletes Team ist
gar nicht so leicht herzustellen. Hölzerne Gewinde unterliegen neben der grundlegenden Gewindegeometrie auch den Umgebungsbedingungen und im speziellen der Luftfeuchtigkeit. Starke Schwankungen können ein Gewindepaar mit engen Toleranzen schon einmal zum Blockieren bringen. Aber das nur nebenbei.

Auf der Drechselbank bohre ich die Schlüsselaufnahme in den Rundling.

Der Spindelrohling ist natürlich auch eine typische Drechselarbeit.

Aber zurück zur Frage, warum diesmal keine Verzapfung? Bei diesem Auftrag finde ich stark abgenutzte Gewindegänge im Bereich der Hauptnutzungszone. Wäre es nicht zu schade, der Schraube einen neuen Kopf zu gönnen und gleichzeitig im meist beanspruchten Teil ein loses und vielleicht bald überspringendes Gewinde beizubehalten?

Der Gewindeanfang jedoch sieht aus wie neu. Meine Chance. Ich nutze diesen Bereich als Vorlage für ein handgeschnitztes Innengewinde.

Dies wiederum wird Teil der Schneidbüchse oder des Schneidzeuges. Ein Werkzeug, das einen Geißfuß, oder in diesem Fall zwei Geißfüße und ein Innengewinde als Steigungsvorgabe beinhaltet. Heute ist der Bau der Gewindebüchse die eigentliche Herausforderung und der entscheidende Zeitfaktor.

Die fertige Büchse muß nun justiert werden. Die Geißfüße liegen um eine halbe Windung versetzt im Korpus und werden zum Innengewinde und gegeneinander fein eingestellt, damit sie fluchten, symetrisch eingreifen und eine gleichförmige Keilnut in einer Steigung von 12mm in den 50mm Stab schneiden.

Der Arbeitsprozess startet aber wie immer mit der Aufnahme aller Maße, einer 1:1 Skizze, auf der alle Eckwerte verzeichent werden. Mein Storyboard damit die Replika dem Original so nahe wie möglich kommen wird. Heute entscheiden wir uns vor dem Schneiden des eigentlichen Werkstückes ein Arbeitsmuster anzufertigen. Ich sende es meinem Kunden zu, und so stellen wir eine gute Passform mit dem in der Hobelbank verbauten, originalen Innengewinde sicher.

Das Probestück hat gepasst und so wurde die eigentliche Schraube mit den selben Einstellungen geschnitten.

Die neue Holzgewindespindel
arbeitet nun mit dem historischen Innengeinde
der Hobelbank zusammen,
und das ist immer eine tolle Sache .
Diese Vorderzange ist mit zwei
hölzernen Läufern ausgestattet,
zwischen denen die Spindel
etwas geschützt arbeiten kann.
Die Bauweise reduziert auch das Verkanten der Wange effektiver, als
die Variante mit nur einem Läufer.
Jede Form unserer Werkzeuge hat ihre Stärken,
und wenn wir sie kennen gelernt haben,
macht die gemeinsame Arbeit noch einmal
so viel Freude.